Eine Versorgung mit einer stationär durchzuführenden, beidseitigen #Mammareduktionsplastik kann nach umfassender Würdigung medizinischer Befunde zur Linderung langjährig bestehender orthopädischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 #SGB V notwendig sein (vgl. #LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 01.03.2022 – L 26 KR 227/19, openJur 2022, 8407, https://openjur.de/u/2394490.html , https://oj.is/2394490). Voraussetzung dafür ist, dass eine operative #Brustverkleinerung nach erfolgloser Ausschöpfung aller konservativen Therapiemaßnahmen und trotz der mit einer #Operation verbundenen Risiken die einzige noch erfolgversprechende Behandlung zur Linderung langjähriger Beschwerden ist und allein die stationär durchzuführende Maßnahme eine nachhaltige Besserung der #Symptomatik bewirkt. Bei der insoweit erforderlichen Prognoseentscheidung ist die #Studienlage zu den positiven Effekten eines Eingriffs auf die Beschwerden im Haltungs- und Bewegungsapparat heranzuziehen. Der operative Eingriff muss als ultima ratio zur #Beschwerdelinderung beitragen.
Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 39 Abs. 1 #SGB V haben Versicherte Anspruch auf #Krankenhausleistungen, wenn diese notwendig sind, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Eine #Mammareduktionsplastik zur Behandlung orthopädischer Leiden erfordert eine schwerwiegende Erkrankung der #Wirbelsäule, die erfolglose Ausschöpfung aller konservativen orthopädischen Behandlungsmaßnahmen und eine mit an Sicherheit grenzende Erfolgswahrscheinlichkeit.
Ausgangspunkt für diese Kriterien ist eine #Gigantomastie mit mehr als 1500 cm³ je Seite und einem #Gesamtbrustgewicht von rund 4 kg. Die #Gigantomastie geht jedoch für sich genommen noch nicht mit einer Beeinträchtigung der #Körperfunktion einher und ist somit isoliert betrachtet keine Krankheit im Sinne des § 27 #SGB V. Treten jedoch orthopädische Beschwerden mit starken #Kopf-, #Nacken-, #Schulter- und #Rückenbeschwerden, #HWS-Blockierungen und schmerzhaften #Muskelverspannungen im Bereich der #Schulter-Nacken-Region auf, ist eine andere Beurteilung angezeigt. Indiz für die Zuglast des Brustgewichts auf die Schultern sind deutliche #Schnürfurchen eines BHs. Diese sich negativ auf die #Schulter- und #Nackenregion auswirkende Zugbelastung kann mit einer chronischen Überlastung im #Nacken-, #Schulter- und #Rückenbereich einhergehen sowie eine #Körperfehlhaltung und schmerzhafte #Myogelosen verursachen. Auch können #Brustschmerzen und #Taubheitsgefühle in den Armen zum typischen #Beschwerdebild einer #Gigantomastie gehören.
Bei Fehlen ausreichend wirksamer konservativer Therapieoptionen und zu erwartetender Resektionsgewichte von mindestens 1 kg je Seite kann davon ausgegangen werden, dass eine beidseitige #Reduktionsplastik diese Beschwerden lindert und die Lebensqualität deutlich verbessert. Bei einem #Brustgewicht von insgesamt 4 kg ist eine Beschwerdelinderung durch #Physiotherapie nicht zu erwarten.
Eine #Adipositas mit einem #BMI ab 30 dürfte jedoch die Forderung der Gerichte nach einer #Gewichtsreduktion sich ziehen, es sei denn, es liegt ein starkes Missverhältnis zwischen Brust und Körperbau ab einer Grenze von 2 % des Körpergewichts pro Brust vor.
#Intertrigo und #Ekzeme sowie psychische Beschwerden durch eine #Gigantomastie begründen laut Senat keinen Anspruch auf #Kostenübernahme für eine #Mammareduktionsplastik. Dermatologischen Beschwerden könne mit optimaler #Hautpflege und penibler #Körperhygiene begegnet werden. Was psychische Folgen anbelangt, bestehe allein ein Anspruch auf eine psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung. Beides erscheint nach meinem Dafürhalten bedenklich. #Intertrigo und #Ekzem sind bekanntlich hartnäckige Erkrankungen, die mit #Schmerzen bzw. #Juckreiz verbunden sein und chronifizieren können. Ihre Ursache ist – wie auch die der psychischen Belastung – physischer Natur, die durch eine #Mammareduktionsplastik unmittelbar beseitigt werden kann. #Patientinnen auf #Pflege- und #Hygieneprodukte (erstattungsfähige #Corticosteroide enthaltende Salben, die bei einer entzündlichen #Hauterkrankung auch in Betracht kämen, spricht der #Senat soweit ersichtlich nicht an) bzw. auf #Psychotherapie und #Psychopharmakologie zu verweisen, packt das Übel nicht an seiner Wurzel und ist wirtschaftlich unsinnig. Während zwar #Pflege- und #Hygieneprodukte monetär zu Lasten der #Patientinnen gehen (ein Schelm, der Böses dabei denkt), sind indes #Psychotherapien und #Psychopharmaka vom Grundsatz her erstattungsfähig. Langjährige Leidenswege sind durch diese – allerdings gefestigte – #Rechtsprechung nicht auszuschließen. Das kann nicht im Sinne von Behandlern in der #Gynäkologie, #Dermatologie, #Psychiatrie und #Psychotherapie sein. Immerhin wird den Erfordernissen der #Orthopädie Rechnung durch den Senat getragen.