Jüngst stellte der #BGH (Urteil vom 08.02.2022, Az.: VI ZR 409/19) klar, was für Medizinrechtler schon immer klar war: Ein grober #Behandlungsfehler ist nicht gleichbedeutend mit einem grob fahrlässigen Handeln und stellt auch kein Indiz für grobe #Fahrlässigkeit dar.
Weiterhin stellte der BGH klar, dass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in #Arzthaftungssachen die #Genugtuungsfunktion nicht ganz auszublenden und dass ein ausschließliches Abstellen auf den Ausgleich der erlittenen #Schmerzen rechtsfehlerhaft sei. Auch wenn der #Arzt dem #Patienten normalerweise helfen wolle, könne das Maß seines Fehlverhaltens bei besonders schwerem Verschulden das #Schmerzensgeld beeinflussen. Aus Sicht des BGH macht es insofern einen Unterschied, ob nur ein geringfügiger Fehler vorliegt oder ein „grobes – möglicherweise die Grenze zum bedingten #Vorsatz berührendes – Verschulden“. Dies könne „dem #Schadensfall sein besonderes Gepräge geben“.
Mit dem Hervorheben der „Genugtuungsfunktion“ als ein weiteres Element für die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes beschreitet der BGH neue Wege. Das #OLG Düsseldorf (Urteil vom 26.09.2019, Az. 8 U 2/16) richtete sich in der Vorinstanz – wie bisher üblich – noch an den kurzfristigen Schmerzen aus, das der Patient bereits am nächsten Morgen verstorben sei. Bereits seit längerem lässt sich in der neueren Rechtsprechung (im Vergleich zu älteren Entscheidungen) eine Tendenz zur Erhöhung der zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge beobachten. Ob nun mit dem Hinweis auf die Genugtuungsfunktion und damit einen dem #Strafrecht entlehnten #Strafzweck die Tür in Richtung der aus dem anglikanischen Rechtskreis stammenden Rechtsfigur des „#punitive #damage“ aufgestoßen ist, bleibt abzuwarten. Mit den Prinzipien des deutschen Schadensersatzrechts dürfte das jedenfalls nur schwerlich vereinbar sein. Ebenso bleibt abzuwarten, wie die welche Schmerzen, welche Schmerzdauer und welche Schmerzintensität in (Schmerzens-) Geld „übersetzt“ werden können.